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Beim Ableben naher Verwandter (Kinder bzw. Ehegatte) räumt der Gesetzgeber den Erben erhebliche Freibeträge ein (bei Kindern EUR 400.000,00 und bei Ehegatten EUR 500.000,00). Erbt ein weiterer Verwandter z. B. Geschwister, Neffen oder Nichten, wird lediglich ein Freibetrag von EUR 20.000,00 gewährt. Alle darüber hinaus gehenden geerbten Beträge und Wertgegenstände müssen versteuert werden. Wichtig ist, ob durch vertragliche Gestaltungen zu Lebzeiten des Erblassers Steuern gespart werden können.

 

1.

Ein Gestaltungsmittel ist die Eingehung von Erwachsenenadoptionen. Der kinderlose Erblasser adoptiert zusammen mit seinem Ehegatten einen Neffen oder eine Nichte, die dann erben sollen. An eine solche Adoption wird vom Gesetzgeber hohe Anforderungen gestellt. Es muss beispielsweise ein elternähnliches Verhältnis zwischen Erblasser und den in Frage kommenden Erben vorliegen. Ein entsprechender Adoptionsantrag muss beim zuständigen Familiengericht gestellt werden. Wird eine solche Adoption durchgeführt, rückt der in Frage kommende Erbe in die Stellung eines Kindes des Erblassers ein, erhöht sich der Freibetrag im Erbfall von EUR 20.000,00 auf EUR 400.000,00. Bei einer Adoption sind allerdings auch Nachteile zu berücksichtigen wie Namensänderung, Unterhaltspflichten p. p. Vor Eingehen solcher Gestaltungsmaßnahmen sollte aber eine intensive Beratung beigeholt werden.

 

2.

Steuern können auch gespart werden, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Übertragungen vornimmt, in dem der Erblasser sich ein Nießbrauchrecht an dem übertragenden Gegenstand einräumen lässt. Das Nießbrauchrecht wird in diesem Fall bewertet und senkt den Wert des Übertragungsgegenstands, sodass nur noch der geringere Wert des Übertragungsgegenstandes zunächst zu versteuern ist. Das eingeräumte Nießbrauchrecht gewährt dem Erblasser ein lebenslängliches Nutzungsrecht, sodass im Ergebnis der Erblasser mit der Übertragung zunächst wirtschaftlicher Eigentümer des Übertragungsgegenstandes bleibt. Bei Immobilien, die als Übertragungsgegenstand vornehmlich in Frage kommen, wird das Nießbrauchrecht im Grundbuch eingetragen. Nachteilig für den Erblasser ist diese Gestaltung, da, obwohl er wirtschaftlicher Eigentümer des Übertragungsgegenstandes bleibt, nicht mehr über den Übertragungsgegenstand verfügen kann. Ihrer Vollziehung einer intensiven Beratung.

Die Vererbung bzw. die Schenkung eines Familienheimes an den Ehegatten wird vom Gesetzgeber in steuerlicher Hinsicht besonders begünstigt. Vererbungen bzw. Verschenkungen einer Immobilie an den Ehegatten ist ohne Berücksichtigung des Wertes der Immobilie immer schenkungs- bzw. erbschaftssteuerfrei, wenn die Immobilie zum eigenen Wohnzweck der Eheleute bzw. der Familien vorher gedient hat. Die zu verschenkende oder zu vererbende Immobilie an den Ehegatten muss vorher Lebensmittelpunkt beider Ehegatten gewesen sein und auch nach dem Fall der Übertragung bzw. nach dem Erbfall weiter dem verbleibenden Ehegatten wenigstens 10 Jahre als Wohnung und Lebensmittelpunkt dienen. Innerhalb dieser sogenannten Behaltensfrist von 10 Jahren darf der Grundbesitz weder verkauft noch z. B. an die Kinder übertragen noch vermietet werden, da dann rückwirkend die Steuerbefreiung entfällt. Ist allerdings der überlebende Ehegatte an der Selbstnutzung aus zwingenden Gründen gehindert (z. B. Einweisung des überlebenden Ehegatten in ein Pflegeheim), bleibt die Steuerbefreiung erhalten.

 

Die gleichen Regeln gelten, wenn der Erblasser die Immobilie an Kinder oder Kindeskinder vererbt. Die Begünstigten müssen aber dann unverzüglich nach dem Erbfall in die zu vererbende Immobilie einziehen und diese Immobilie als ihr Lebensmittelpunkt nutzen. Anders als bei der Übertragung an den Ehegatten ist eine Übertragung zu Lebzeiten des Erblassers an Kinder oder Kindeskinder nicht steuerbefreit. Die Steuerbefreiung kommt nur zum Zuge bei Vererbung, also im Erbfall, an Kind oder Kindeskinder. Steuersparmodelle müssen dementsprechend wohlüberlegt sein und bedürfen Erbschaftssteuern bei weiterer Verwandtschaft im Erbfall.

 

Die große Mehrheit der Deutschen möchte den eigenen Nachlass in ganz bestimmte Hände geben. Es gibt aber auch viele Menschen, die keine nahen Angehörigen mehr haben oder nur solche, die auf keinen Fall, von Pflichtteilsrechten abgesehen, den Nachlass erben sollen.

Das deutsche Erbrecht bestimmt, dass die Verwandten eines Erblassers in ganz bestimmter Reihenfolge zu Erben berufen sind. Dabei ist die über die Abstammung zu bestimmende Nähe zum Erblasser entscheidend. Der Gesetzgeber regelt die Reihenfolge nach sog. Ordnungen. Die Verwandten erben danach in der Reihenfolge, wie sie zu dem Verstorbenen am nächsten in der Ordnung stehen.

Verwandte erster Ordnung sind die Kinder; an die Stelle verstorbener Kinder treten deren Kinder. Verwandte zweiter Ordnung sind die Eltern des Erblassers und für den Fall, dass diese vorverstorben sind, deren Kinder, also die Geschwister oder auch Halbgeschwister des Erblassers. Sind solche auch nicht mehr vorhanden, setzt sich das gleiche Schema als dritte, vierte und noch entferntere Ordnung über die Großeltern und deren Kinder usw. fort.

Dabei gilt der Grundsatz, dass der Nachlass erst unter den Angehörigen der nächsten Ordnung aufgeteilt wird; Verwandte entfernterer Ordnungen kommen erst zum Zuge, wenn keine Angehörigen aus der näheren Ordnung mehr vorhanden sind.

Die letzte Ordnung besteht nur noch aus dem Staat, der dann erbt, wenn tatsächlich auch keine gesetzlichen Erben mehr vorhanden sind.

Was können also Menschen tun, die nicht wollen, dass bestimmte Verwandte oder, wenn es keine Angehörigen mehr gibt, der Staat erbt? Wer soll am Ende Erbe sein?

Das deutsche Recht hält zur Lösung dieser Fragen eine breite Palette an Gestaltungsmöglichkeiten bereit.

Die erste Möglichkeit besteht natürlich darin, nichts an Wert zu hinterlassen. Diese Variante ist aber vermutlich am wenigsten praktikabel. Wer kann und will sein Leben schon so „timen“, dass der letzte Euro zeitgleich zur letzten Sekunde ausgegeben ist?

Wer auf Dauer mehr an Vermögen hat, als er für sein Leben und seine Alterssicherung benötigt, kann schon lebzeitig einzelne Vermögenswerte, etwa Immobilien oder Geld z. B. an fremde Personen oder gemeinnützige Einrichtungen übertragen und sich noch selbst daran erfreuen, wie diese Vermögenswerte in der Gesellschaft wirken. Wer die Kontrolle über Gegenstände aus dem eigenen Vermögen nicht ganz aufgeben will, kann selbst eine nicht gemeinnützige Stiftung, etwa für die eigene Familie oder eine gemeinnützige Stiftung zur Förderung sozialer Zwecke mit einem selbst bestimmten Stiftungszweck errichten und diese mit einem Stiftungskapital ausstatten, das es ermöglicht, aus den Erträgen den Stiftungszweck zu fördern. In Frage kommen kann auch, den Kapitalstock einer schon bestehenden Stiftung über einen Treuhandvertrag zu erhöhen und auf diese Weise eigenes Vermögen in bestimmter, selbst gewollter Weise wirken zu lassen.

Die in der Praxis am häufigsten anzutreffende Gestaltungsvariante ist und bleibt allerdings das Testament.

Wer nicht will, dass unliebsame Verwandte erben oder dass mangels des Vorhandenseins von gesetzlichen Erben am Ende der Staat erbt, bestimmt über eine letztwillige Verfügung selbst, wohin der Nachlass gehen soll. Dann greift nicht mehr die gesetzliche Erbfolge.

Die Juristen nennen dies „gewillkürte Erbfolge“. Hier sind der Phantasie des Erblassers praktisch keine Grenzen gesetzt.

Der Erblasser kann fremde Personen, die nicht zu einer Verwandtenordnung gehören, oder gemeinnützige Einrichtungen zu Erben berufen und das Vermögen unter ihnen beliebig nach Quoten verteilen; er kann Teilungsanordnungen bestimmen, Auflagen treffen oder einzelne Vermögensgegenstände über Vermächtnisse zuwenden. Er kann auch über ein Testament eine Stiftung errichten  oder über die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers das zu vererbende Vermögen in die gewünschte Richtung steuern lassen.

Viele Gestaltungen sind also möglich, der Staat muss nichts erben. Die vorhandenen Gestaltungsfreiheiten müssen nur genutzt werden.

Dabei ist es sehr zu empfehlen, sich fachkundig beraten zu lassen. Wer sein Testament durch einen Notar oder eine Notarin aufsetzen und beurkunden lässt, sorgt auch dafür, dass der letzte Wille formal und inhaltlich wirksam erklärt ist und die Erben später nicht einen Erbschein, der mit Kosten und bürokratischen Hürden verbunden ist, beantragen müssen.